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Nachlese zum Science Talk >
Moderne Krebsforschung - Neue Chancen durch personalisierte Medizin?
vom 23. September 2019

Fotos und Audiomitschnitt der Veranstaltung

Nachlese zum Science Talk: Personalisierte Medizin als Hoffnungsträger gegen Krebs

Wien (APA-Science) - "Wir versuchen, die Grenzen des Machbaren zu verschieben, so dass das, was heute als nicht machbar gilt, in zwanzig oder dreißig Jahren machbar ist", sprach der Biotechnologe Michael Traxlmayr den großen Trost an, den es beim Thema Krebs gibt: Die Medizin macht Fortschritte. Bei einer Podiumsdiskussion in Wien sprachen Experten über den Hoffnungsträger der Krebsforschung: die personalisierte Medizin.

Krebserkrankungen sind nach den Herz-Kreislauf-Krankheiten die zweithäufigste Todesursache in Österreich und der EU. Der Begriff Krebs bezeichnet eine unkontrollierte Vermehrung von Zellen, die nicht wie vorgesehen in den programmierten Zelltod übergehen, sondern ungehemmt weiterwachsen und dabei gesundes Gewebe verdrängen oder zerstören. Was die Bekämpfung von Krebs erschwert ist, dass es sich dabei nur um einen Oberbegriff für rund 200 verschiedene Erkrankungen mit oft sehr unterschiedlichen Merkmalen und Ausprägungen handelt. Bisher gab es hauptsächlich drei Methoden, mit denen Mediziner versuchten, dagegen anzukämpfen: Chirurgische Eingriffe, Chemo- sowie Strahlentherapie. Nun erweitern neue Methoden das Arsenal, allen voran die personalisierte, also auf den einzelnen Patienten maßgeschneiderte Medizin.

Wo es früher drei oder vier Therapien gab, gibt es heute Hunderte. Die Überlebenschancen der Patienten haben sich wahnsinnig verbessert, sagte Ulrich Jäger, Professor für Hämatologie an der Medizinischen Universität Wien und Leiter der Klinischen Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie am AKH Wien bei einem Science Talk des Wissenschaftsministeriums. Eine solche Methode ist die Präzisionsmedizin; der zielgerichtete Einsatz von Medikamenten, die im Gegensatz zur Chemotherapie ausschließlich Krebszellen angreifen sollen und den restlichen Organismus nicht betreffen. Die Entscheidung, welche Therapie oder welche Therapiekombination zur Anwendung kommt, werde immer schwieriger, so der Spezialist für Leukämie und Lymphdrüsenkrebs, weshalb sie in Zukunft nicht mehr von einem Arzt alleine sondern als Teamentscheid getroffen würden - "mit Unterstützung der künstlichen Intelligenz."

"Dem Krebs die Tarnkappe wegziehen"

"Der Krebs ist ein Meister der Tarnung", erklärte Petra Heffeter vom Institut für Krebsforschung der Meduni Wien. Tumorzellen verstehen es perfekt, sich quasi vor dem Immunsystem des Körpers zu verstecken, weshalb der Organismus nicht alleine mit der Erkrankung fertig wird. Mit einer neuen Form der Immuntherapie könne man "dem Krebs die Tarnkappe wegziehen und die Selbstheilungskräfte des Körpers dazu bringen, uns im Kampf zu unterstützen." Die Wissenschafterin arbeitet selbst an einem neuen Chemotherapeutikum, das die Chemotherapie zielgerichteter machen soll. Im Kampf gegen einen so mächtigen Feind müsse man alle Waffen einsetzen, die man hat, betonte sie. Ein kritischer Punkt seien "Hypes, wo dann jeder glaubt: Wow, wir haben den Krebs geheilt, aber eigentlich ist es nur ein Bestandteil zur Heilung und nur ein Teil im Arsenal."

In aller (medizinischer) Munde ist zurzeit noch eine weitere, neue Therapiemethode: die CAR-T-Zelltherapie, bei der Patienten Immunzellen entnommen und so umprogrammiert werden, dass sie Krebszellen erkennen und gezielt zerstören. Damit die CAR-T-Zellen nicht einfach ungehemmt wüten und dabei mehr Schaden als Nutzen anrichten, forscht Traxlmayr vom Institut für Biochemie der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Kooperation mit dem St. Anna Kinderspital für Krebsforschung an einem molekularen Schalter, der Patienten in Tablettenform verabreicht wird und die CAR-T-Zellen gezielt einschalten kann.
 "Es wird nicht eine Therapie geben, die alle Probleme löst", ist er überzeugt. Dafür sei der Krebs zu schwer erkennbar und zu resistent. "Deshalb ist die Kombinationstherapie so wichtig, weil es für das Tumorgewebe schwieriger wird, zu entkommen", wenn es von mehreren Seiten gleichzeitig angegriffen werde.

Eine Frage des Geldes

Je spezialisierter die Therapie, desto höher die Kosten. Eine CAR-T-Zell-Therapie, bei der die Zellen zunächst entnommen, dann mit Antikörpern angereichert und anschließend in den Körper zurückgeführt werden müssen, kostet pro Patient beispielsweise einige hunderttausend Euro. Hier brauche es sehr gute Selektionskriterien, welcher Patient welche Therapie bekomme, so Jäger. In derart teure Therapien zu investieren, wenn sie tatsächlich helfen, sei sinnvoller, als die Betroffenen von billiger Therapie zu billiger Therapie und von Krankenhausaufenthalt zu Krankenhausaufenthalt zu schicken. Wichtig sei eine gute Diagnose und Auswahl. "Wir müssen versuchen, die Diagnosemethoden zu verbessern und nicht sinnlos Ressourcen zu verbrauchen."

Es gehe darum, durch die Wahl der richtigen Therapie unnötiges Leiden zu vermeiden, erklärte Heffeter, weshalb man herausfinden müsse, welchem Patienten man welche Nebenwirkungen zumuten könne. Information sei hier auch aus Patientensicht der springende Punkt, betonte Jäger; der Patient müsse wissen, was er will, und das auch kundtun.

Negative Lotterie: Der Gewinner bekommt Krebs

Wer an Krebs erkrankt, und wer nicht, ist von mehreren Größen abhängig. Neben der genetischen Komponente und der Statistik (so bekommen ältere Menschen häufiger Krebs als junge, weil das Immunsystem seine Arbeit nicht mehr so gut verrichten und mutierte Zellen nicht mehr effektiv beseitigen kann) spielen noch andere Faktoren eine Rolle. Heffeter zieht den Vergleich zu einer "negativen Lotterie", bei der jeder Mensch zur Geburt ein paar Lose zugeteilt bekomme, die im Laufe des Lebens immer mehr werden - weshalb die Chance, bei einer Ziehung erwischt zu werden, steigt. Jeder könne sich entscheiden, zusätzliche Lose zu erwerben und seine Chancen auf ein "Gewinnerlos" zu erhöhen, indem man beispielsweise raucht. Deshalb sprach sich die Expertin für einen besseren Nichtraucherschutz aus.

Weitere Einflussfaktoren seien der Fitnesszustand, die Ernährung - wenngleich Jäger davor warnt, zu glauben, dass man beispielsweise durch eine zuckerfreie Ernährung vor dem Krebs gefeit sei - und Infektionen. "Deshalb ist es so wichtig, dass man impft", startete Jäger zwischendurch einen kleinen Impf-Aufruf.

In Zukunft werde man immer mehr Erkrankte heilen und immer mehr Krebsleiden in chronische Erkrankungen umwandeln können, sind sich die Experten einig. Man werde sich schrittweise vorwärtstasten, so Traxlmayr, denn die Krebsmedizin stünde erst am Anfang: "Da darf man in den nächsten Jahren noch mehr erwarten."

(Schluss) ari/asc

SCI0017    2019-09-24/11:32

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