Nachlese zum Science Talk > Lehrer/in: Was macht den Beruf "klasse"?
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Science Talk: Sicher ist nur die Unsicherheit
Wien (APA-Science) - Zu einem gesamtgesellschaftlich relevanten "Science Talk" hat das Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) in Zeiten des Pädagogenmangels am Montagabend geladen - "Lehrer/in: Was macht den Beruf klasse?" Dabei wurden die Vorzüge des Berufs deutlich und die Fähigkeiten, die Lehrende mitbringen müssen, aufgezeigt. Zudem wurde über die Probleme von Schulen und Lehrpersonen gesprochen, deren Aufgabenfelder in den vergangenen Jahren gewachsen seien.
Moderatorin Lisa Nimmervoll von der Tageszeitung "Der Standard" begann mit der Frage, was das Schöne am Beruf sei. "Der Beruf ist Berufung, wir dürfen mitgestalten, von klein auf Kinder begleiten, wie sie sich entwickeln. Wir unterrichten keine Fächer, sondern Kinder. Wir erkennen jeden Tag den Sinn darin", erklärte die Direktorin der Mittelschule Währing in Wien, Erika Tiefenbacher.
Ähnlich sah es Rosemarie Havranek, die als Quereinsteigerin nach einem Berufsleben in der Pharmabranche erst mit 63 Jahren den Lehrberuf an der HTL Mistelbach angetreten hat. "Das, was zurückkommt, das ist das Wunderbare." Nach ihrer Pension habe sie durch die Presse gehört, dass Lehrer gesucht werden und sich dann spontan beworben. Und sie versicherte, dass nur "eine Stunde später schon mein jetziger Direktor angerufen und mich geblockt hat." Damit niemand weiteres sie anrufen könne. Ihre Motivation fasste sie kurz und knapp zusammen: "Ich habe so viel Erfahrung und Wissensdrang, das möchte ich nicht nur bei mir belassen. Nur lesen ist zu wenig."
Intrinsische Motivation für Lehrer sehr wichtig
Dass dieser Enthusiasmus und Eigenantrieb auch aus wissenschaftlicher Sicht wichtig ist für Lehrpersonen, bestätigte die Vizedirektorin für Lehre und Unterrichtsforschung der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg, Anne Frey. "Die Begeisterung für den pädagogischen Auftrag, die Idee, ich möchte Kindern und Jugendlichen etwas beibringen, diese intrinsische Motivation." Gute Lehrer würden sich als ganzheitliche Entwickler begreifen. Selbstreflektion sei dabei von großer Bedeutung: "Eine gute Lehrperson stellt sich ständig in Frage: Was lief gut, was nicht, wo kann ich mich noch verbessern, wo kann ich mich noch entwickeln?"
Mehr Unterstützung für Lehrer durch multiprofessionelle Teams gefordert
Von Ilse Schrittesser vom Zentrum für Lehrer/innenbildung der Universität Wien wollte die Moderatorin wissen, wie man den Beruf interessanter machen könnte, da insbesondere durch den demografischen Wandel der Lehrermangel stärker werde. Wesentlich wäre es, Lehrkräfte von allen Tätigkeiten, die über den Unterricht und die Schulentwicklung hinausgingen, zu entlasten, so die Expertin. "Wir reden seit Jahren von der Notwendigkeit, multiprofessionelle Teams an die Schulen zu holen: Sozialpädagoginnen, Psychologinnen, inklusive Pädagoginnen und Pädagogen." Zurzeit müssten Lehrende administrativ tätig sein, sie müssten sich um Kinder auf eine Weise kümmern, die vielleicht nicht ganz ihrer Ausbildung entspräche. Sie seien zwar pädagogisch ausgebildet, aber keine Sozialarbeiterinnen oder Sozialpädagogen.
Auf die Frage, wie dieses Angebot an ihrer Schule sei, entgegnete Tiefenbacher, dass es zu gering sei. Ihre Lehrenden seien besonders gefordert, da die Schülerinnen und Schüler an ihrer Schule einen hohen Migrationsanteil haben, zurzeit einen hohen Flüchtlingsanteil, schlechte Deutschkenntnisse und viele soziale Probleme. "Ich habe zweimal in der Woche einen Schulsozialarbeiter und eine Beratungslehrerin. Das ist sehr wenig." Gerade spontan könnten die Schülerinnen und Schüler sich nicht mit einem Bedürfnis an diese wenden. Das hieße für ihre Lehrkräfte, dass sie diese jungen Menschen aushalten müssen oder "diesen Schüler, der gerade spezielle Bedürfnisse hat, im Zaum halten". Zudem seien die organisatorischen Anforderungen viel höher als früher, es gebe sehr viele Dokumentationen, die man machen müsse.
Dass Lehrende sich wieder mehr auf ihre "Kernaufgaben" konzentrieren können sollten und dass Schulen im 21. Jahrhundert ein multiprofessionelles Team verschiedener Berufsgruppen bräuchten, darauf konnten sich die Diskussionsteilnehmerinnen einigen. Einen Tipp an Lehramtsstudierende hatte Schrittesser noch: "Es gibt die Sicherheit, dass Sie mit einer gewissen Unsicherheit rechnen müssen. Nicht nur im Klassenraum, sondern auch, wie die Gesellschaft sich entwickelt. Schule ist eine Agentur der Gesellschaft." Die Profession als Lehrerin oder Lehrer bringe es mit sich, dass man Ideen einbringen und mitgestalten kann.
Service: Mehr Informationen zum Lehramtsstudium oder Quereinstieg unter www.klassejob.at
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