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Gabriele Possanner Preise bei Premiere des „Tags der Geschlechterforschung“ verliehen

Am 1. März wurden die Gabriele Possanner Preise für herausragende wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der Geschlechterforschung im Audienzsaal des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung in einem Festakt verliehen. Der Staatspreis ging an Rosa Reitsamer von der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, den Würdigungspreis erhielt Irmtraud Fischer von der Universität Graz und die beiden Förderungspreise wurden Ruth Strobl von der Technischen Universität Wien sowie Tanja Vogler von der Universität Innsbruck zuerkannt. 

Staatspreis an Musiksoziologin Rosa Reitsamer

Der Gabriele-Possanner-Staatspreis dient der Auszeichnung einer Person aus dem Bereich Forschung und Lehre, deren wissenschaftliche Leistungen die Geschlechterforschung in Österreich nachhaltig fördern. Der mit 10.000.- Euro dotierte Staatspreis ging nach Vorschlag einer internationalen Fachjury an Professorin Rosa Reitsamer von der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw). Sie zählt zu den profilierten Expert/inn/en der intersektionalen Geschlechterforschung im Bereich der Musiksoziologie, keinem klassischen Feld der Geschlechterforschung. Reitsamers zahlreiche Publikationen sind ein substanzieller Beitrag zur Erforschung sozialer und vergeschlechtlichter Ungleichheiten in musik-, kunst- und jugendkulturellen Feldern. Ihr Verdienst ist es, ein neues Forschungsfeld eröffnet zu haben, wodurch die Musiksoziologie eine Weiterentwicklung hinsichtlich intersektionaler und queerer Ansätze erfahren hat.

Reitsamers Arbeiten zu sozialen Geschlechterungleichheiten sind für den Bereich der klassischen Musik bahnbrechend. Sie leitet den Forschungsschwerpunkt QUART – Quality of Arts an der mdw, wobei ihre Studien zur Ausbildung von klassischen Musiker/inne/n an Musikhochschulen/-universitäten in Österreich und Deutschland und zu den Werdegängen dieser Musikschaffenden im Kontext von #MeToo und #BlackLives Matter einen rasanten Bedeutungszuwachs erlangten. In Kooperation mit Forschenden aus Österreich, Deutschland und Großbritannien erarbeitet Reitsamer überdies auch Strategien zum Abbau von sozialen Ungleichheiten und Machtmissbrauch an Musik- und Kunsthochschulen, wesentliche Beiträge zur Third Mission mit großer Strahlkraft nach außen. 

Als Mitglied nationaler und internationaler Fachgesellschaften und Forschungsteams, Herausgeberin von acht Anthologien und Autorin zahlreicher Artikeln in Fachzeitschriften sowie von mehr als 30 Buchbeiträgen hat Rosa Reitsamer internationale Präsenz und Reputation als Geschlechterforscherin erlangt und damit einen wesentlichen Beitrag zur Sichtbarmachung der Gender Studies in Österreich in der internationalen Scientific Community geleistet.
An der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien - hat sie mit ihrer Forschung und Lehre, der Organisation von Konferenzen und Tagungen zu Geschlechterthemen und ihrer Arbeit im Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen wesentlich zum inhaltlichen Ausbau der Gender Studies und zur Ausarbeitung antidiskriminatorischer und diversitätspolitischer Universitätsagenden beigetragen.

Würdigungspreis für ein Lebenswerk an Theologin Irmtraud Fischer

Der Würdigungspreis für ein Lebenswerk im Bereich der Geschlechterforschung in Form einer Skulptur der Künstlerin Claudia Hirtl ging an Professorin Irmtraud Fischer, Leiterin des Instituts für Alttestamentliche Bibelwissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz. Irmtraud Fischer ist eine der profiliertesten und international renommiertesten Frauen- und Geschlechterforschenden Österreichs. Mit der Verleihung des Gabriele-Possanner-Würdigungspreises für ein Lebenswerk wird die Anerkennung, die sie im Ausland erfährt, auch in Österreich sichtbar. 

Fischer ist in vielerlei Hinsicht eine Pionierin. So ist sie die erste habilitierte katholische Theologin Österreichs, wofür sie 2016 von der Stadt Graz in die Pionierinnengalerie aufgenommen wurde. Eine der ersten feministischen Habilitationsschriften wurde von ihr verfasst (Die Erzeltern Israels. Feministisch-theologische Studien zu Gen 12-36). Von 1997-2004 hatte sie einen Frauenforschungslehrstuhl an der Universität Bonn inne. Durch ihre Berufung nach Graz konnte sie an der Universität Graz federführend als Curriculakommissionsvorsitzende zwei Genderstudiengänge mitkonzipieren. Bis ins WS 2020/21 koordinierte sie den von ihr vor 27 Jahren initiierten Fakultätsforschungsschwerpunkt „Theologische Frauen- und Geschlechterforschung“. Überdies leitet sie den Cluster Gender im Kontext des universitären Forschungsnetzwerks „Heterogenität und Kohäsion“ und seit 2015 auch das Doktoratsprogramm „Interdisziplinäre Geschlechterstudien“. 

Mit der Initiierung der Grazer Genderlesungen vernetzte sie die Universität mit regionalen Fraueninitiativen. Das internationale Großforschungsprojekt „Die Bibel und die Frauen“ (www.bibleandwomen.org), das über 300 Forscherinnen und Forscher weltweit vernetzt und in vier Sprachen bei renommierten Verlagen erscheint, wird von ihr in Graz koordiniert und hauptfinanziert. Vor allem mit ihrer zum Teil in drei Sprachen übersetzten Trilogie (Gottesstreiterinnen – Gotteskünderinnen – Gotteslehrerinnen) und der Koordination der Sektion „Feminist Exegesis“ der in den USA beheimateten „Society for Biblical Literature“ hat sie internationale Sichtbarkeit erlangt. Für ihr kulturwissenschaftliches Verständnis der Theologie und ihre Verdienste auf dem Gebiet der Genderforschung wurde sie 2017 mit der Ehrendoktorinnenwürde (Dr.in phil. h.c.) des Fachbereichs Geschichts- und Kulturwissenschaften der Justus-Liebig-Universität Gießen ausgezeichnet.

Förderungspreise an Ruth Strobl und Tanja Vogler

Die beiden Gabriele-Possanner-Förderungspreise dienen der Auszeichnung wissenschaftlicher Einzelleistungen, die Beiträge zur Bearbeitung bzw. zur Lösung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Herausforderungen im Bereich der Geschlechterforschung liefern. 

Einen der beiden mit jeweils 12.000.- Euro dotierten Gabriele-Possanner-Förderungspreise erhielt Diplomingenieurin Ruth Strobl von der Technischen Universität Wien für ihre eingereichte Diplomarbeit „Gender, Künstliche Intelligenz und Robotik: Wie Künstliche Intelligenz und Roboter Gender Stereotype und Gender Biases weiterführen“. Auf Basis verschiedener feministischer Technologieforschungsansätze beschäftigt sich Ruth Strobl bdarin mit der Frage, wie Geschlecht in die Entwicklung, im Design und in die Funktionsweise von KI und Robotik-Technologien eingeschrieben wird. Die dabei aufgeworfenen Fragestellungen sind von höchster gesellschaftlicher, sozialer und wirtschaftlicher Relevanz, da diese Technologien in der Zukunft vermehrt zum Einsatz kommen werden und die Gefahr besteht, Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung oder anderer sozialer Marker zu diskriminieren bzw. faire Teilhabechancen am sozialen, politischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Leben zu verhindern. Ruth Strobls Arbeit überzeugt nicht nur durch eine sorgfältige und kritische Analyse des State-of-the-Art sondern auch mit einer umfangreichen Darstellung empirischer Befunde. Sie räumt mit der Einschätzung auf, dass KI und Robotik neutrale und objektive Technologien seien, indem sie systematisch darstellt, wie eng ihre Entwicklung, ihr Design, ihre technischen Grundlagen und ihre Funktionsweise mit Gender verwoben sind. Die Jury hebt besonders hervor, dass die Arbeit im Bereich „Wirtschaftsingenieurswesen-Maschinenbau“ geschrieben wurde, in dem zum einen der Frauenanteil sehr niedrig und zum anderen die Genderdimension in der Forschung noch wenig verankert ist. 

Der zweite Förderungspreis wurde Doktorin Tanja Vogler von der Universität Innsbruck für ihre eingereichte Dissertation „Das politische Subjekt des queeren Aktivismus – Diskurs-und Akteurskonstellationen queerer Politiken im deutschsprachigen Raum: Eine empirische Untersuchung“ zuerkannt. Tanja Vogler beleuchtet in ihrer Arbeit, was Identitätspolitiken kennzeichnet und bezieht sich dabei historisch und gegenwärtig, auf spezifische Kontexte und Konstellationen. Sie zeigt am Beispiel des politischen Subjekts des queeren Aktivismus Problematiken der Identitätspolitiken auf, aber ebenso deren Alternativlosigkeit. Damit liefert Tanja Vogler einen äußerst wichtigen und anschlussfähigen Beitrag zur interdisziplinär ausgerichteten queer-feministischen Geschlechterforschung - mit Bezug auf Österreich, aber in vergleichender Perspektive auch weit darüber hinaus. 

Die Jury hält fest, dass die Arbeit theoretische Ansätze aus dem Poststrukturalismus, der Kritischen Theorie, dem Schwarzen und postkolonialen Feminismus aufgreift und sich auch mit der Problematik des Homonationalismus auseinandersetzt. Damit sowie durch die derzeitige gesellschaftliche Diskussion über Identitätspolitiken wird die Frage auch in aktuelle (übergreifende) gesellschaftliche Debatten eingebettet. Die Arbeit ist informativ und bereichernd für die Frage nach dem Umgang mit aktivistischer Identität und damit verbundenen Strategien.

Gabriele Possanner Preise

Die alle zwei Jahre vom Wissenschaftsministerium verliehenen Gabriele-Possanner-Preise wurden 1997 im Gedenken an Gabriele Possanner eingerichtet. Ihr wurde 1897 als erster Frau ein akademischer Grad durch eine Universität auf dem jetzigen Staatsgebiet der Republik Österreich verliehen. Dafür musste die Medizinerin alle „schweren Prüfungen“, die sie davor schon einmal zur Erlangung des Doktorates an der Universität Zürich erfolgreich absolvierte, an der Universität Wien erneut ablegen. Gabriele Possanner war Zeit ihres Lebens Pionierin und Vorkämpferin für die berufliche Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern und ist damit ideale Namensgeberin für die Preise, die für exzellente Geschlechterforschung vergeben werden. 

Prozedere zur Preisvergabe

Die Ermittlung der Staatspreisträgerin bzw. des Staatspreisträgers sowie der Würdigungspreisträgerin bzw. des Würdigungspreisträgers erfolgt durch Nominierung der Hochschulen, wobei jeweils nur ein/e Kandidat/in genannt werden darf. Zur Nominierung eingeladen werden die öffentlichen und privaten Universitäten, die Fachhochschulen, die Pädagogischen Hochschulen sowie die Leitungen der drei außeruniversitären Forschungsinstitutionen (Ludwig Boltzmann Gesellschaft, Österreichische Akademie der Wissenschaften, IST Austria). Die beiden Förderungspreise für den wissenschaftlichen Nachwuchs werden öffentlich ausgeschrieben. Dabei sind Eigenbewerbungen vorgesehen. Dieses Mal gab es 28 Einreichungen für die Förderungspreise, aus denen die Vorjury eine Shortlist mit sechs begründeten Vorschlägen aufbereitet hat. Daraus wurden durch die Jury wiederum zwei Bewerbungen für die Förderungspreise vorgeschlagen. Die Zuerkennung aller Preise erfolgt schließlich durch die Bundesministerin bzw. den Bundesminister. 

Gabriele-Possanner-Jury

Die Gabriele-Possanner-Jury setzt sich zusammen aus:

  • einer in gesellschaftlichen Gleichstellungsthematiken und Wissenstransfer ausgewiesenen Person: Univ.-Prof. Mag.a Dr.in Andrea B. Braidt, Universität Wien
  • ein/e in der Geschlechterforschung ausgewiesene/r Staatspreisträger/in:
  • Univ.Prof.in Mag.a Dr.in Doris Weichselbaumer, Universität Linz
  • einer/m in der Geschlechterforschung ausgewiesene/n Wissenschafter/in einer ausländischen Universität/Hochschule: Prof. Dr. Martin Lücke, Freie Universität Berlin
  • einer/m in der Geschlechterforschung ausgewiesene/n Wissenschafter/in einer österreichischen Universität/Hochschule: Prof. Dr. Ralph J. Poole, Universität Salzburg
  • einer/s Sprechers/in der Vorjury (diese wird gesondert für die Gabriele Possanner Förderungspreise eingerichtet) mit Stimmrecht: Univ.-Prof.in Mag.a Dr.in Christina Lutter, Universität Wien
  • einer/einem Vertreter/in des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung ohne Stimmrecht, der/die die Jury einberuft und deren Sitzungen leitet: Dr.in Roberta Schaller-Steidl, Leiterin der Abt. Präs/1 Gleichstellung und Diversitätsmanagement im BMBWF